Gastbeitrag von Jürgen Gries
Er war 4 Jahrzehnte Polizist auf dem damaligen 7. Polizeirevier und ist dadurch immer noch stark mit dem Stadtteil verbunden | »Fechenheimer mit Offenbacher Migrationshintergrund«
Kontakt: jupggries@gmx.de
Fechenheim, ein Teil Frankfurts, den ich im Laufe vieler Jahre meines Arbeitslebens schätzen und lieben gelernt habe. Zumeist wird Fechenheim nur als Durchfahrt auf der „Hanauer“ zwischen Hanau und der Frankfurter Innenstadt genutzt. Zugegeben, hier präsentiert sich Fechenheim nicht von seiner Schokoladenseite und mancher Stau zu den Hauptverkehrszeiten weckt den Wunsch, möglichst schnell von hier wegzukommen.
Eine andere, weitaus liebenswertere Seite Fechenheims ist die Naturnähe am Mainbogen. Auf geschätzten 4 ½ km kann man entlang des Mains die Fechenheimer Natur auf dem Leinpfad und der Helmut-Sittler-Promenade erleben.
Beginnen wir mit unserer Wanderung unterhalb des Parkplatzes am Mainkurkreisel. Obwohl auch hier schon das Ufer begrünt ist, ist es noch lange nicht das, was man von einem Naturidyll erwartet. Der Industriehafen, von dem aus das Chemiewerk Allessa versorgt wird, ist meistens für den Fußgänger- und Radfahrerverkehr geöffnet, sonst Umweg über die Straße »Alt Fechenheim« bis zur Endhaltestelle der Linie 11.
Interessant sind im Hafenbereich insbesondere die gewaltigen Trichter der „Biologischen Abwasserreinigungsanlage“, die man unmittelbar passiert, bevor nur wenige Meter weiter der Leinpfad auf die Straßenbahnschienen trifft, welche die Linie 11 von Fechenheim aus quer durch Frankfurt bis zum Stadtteil Höchst führen.
Es dauert nicht lange und man kommt am Arthur-von-Weinberg-Steg vorbei, einer Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die Fechenheim mit dem Offenbacher Stadtteil Bürgel verbindet. Der Steg war ursprünglich eine Rohrleitungsbrücke, welche die Chemiefabriken Cassella in Fechenheim mit dem Offenbacher Chemiewerk Höchst verband.
Es lohnt sich durchaus, einmal die Seite zu wechseln und über die Brücke einen kurzen Abstecher nach Offenbach-Bürgel zu machen. Die Fechenheimer „Skyline“ mit den beiden Türmen des Rathauses und der Melanchthonkirche ist vom Bürgeler Hochwasserdamm aus besonders schön zu sehen. Am Arthur-von-Weinberg-Steg begegnen wir zum ersten Mal der Fechenheimer urbanen Kunstwelt.
Das erste (oder vielleicht auch das sechste?) von 6 Windspielen ist hier präsent. „Was mögen diese wohl darstellen?“ Ein kleiner Rätselspaß auf dem weiteren Spaziergang, der sich kurz vor der Endhaltestelle der Linie 11 leicht lösen lässt. Beim letzten Windspiel an der Fassade im Einmündungsbereich Leinpfad / Am Mainbörnchen ist ein QR-Code angebracht, über den sich die rätselhaften Objekte leicht „knacken“ lassen.
Nun sind wir an der Endhaltestelle der Straßenbahn Linie 11 angelangt. Der Weg führt jetzt durch baumbewachsenen Uferbereich. Rechts die Mauer des Fechenheimer Friedhofs. Es mag morbide klingen, aber auch ein kleiner Abstecher dorthin lohnt sich. Das monumentale, unter Denkmalschutz stehende Ehrenmal ist nicht zu übersehen. Das Material dafür stammt aus dem Steinbruch Michelnau. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der Steinbruch heute nur noch von einem Verein als Museumssteinbruch instand gehalten wird. Ab und zu gibt es dort Besichtigungstermine, die wahrzunehmen ich empfehlen kann.
Doch zurück zum Friedhof Fechenheim. Die ehemalige Totenhalle wurde zum Kulturpavillon umgewidmet, in dem überwiegend lokale Künstler ihre (der Örtlichkeit angepassten) Werke ausstellen. Über die Öffnungszeiten sollte man sich vorher informieren.
Nicht weit hinter dem Friedhof stößt man auf einen kleinen Teich, bevor unmittelbar dahinter zwei Durchbrüche zum Main den neuen „Main-Altarm“ begründen.
Dies ist das Gebiet, in dem ich mich am häufigsten aufhalte. Hier kann man eine artenreiche Vogelwelt entdecken. Eisvogel, Flussregenpfeifer, Flussuferläufer, Schafstelze, verschiedenen Möwen-, Gänse- und Entenarten bin ich hier schon begegnet. Wenn man Glück hat, kann man eine Libellenlarve beobachten, die sich wie ein kleines Schlammmonster im Uferbereich einen geeigneten Pflanzenstiel sucht, um sich dort zur Verpuppung festzukrallen. Es gäbe noch viele Libellen-, Schmetterlings- und anderen Insektenarten aufzuzählen, die es hier zu entdecken gibt, doch davon überzeugen Sie sich am besten selbst.
Nicht weit hinter dem neuen Altarm stoßen wir auf das Gebäude und die Gaststätte des O.R.V. (Offenbacher Ruderverein). Ja, sie haben richtig gelesen. Hier befindet sich ein Offenbacher Verein auf Frankfurter Gebiet. Nun ja, schließlich sind die Fechenheimer für ihre Toleranz bekannt 😊
Wer möchte, kann nun den Rückweg zum Ausgangspunkt antreten. Die hier beginnende Starkenburger Straße führt schnurgerade und durch den Fechenheimer Ortskern zum Mainkurkreisel zurück. Sie dürfen sich nur nicht irritieren lassen: ab Ortsmitte heißt die Starkenburger Straße dann Alt-Fechenheim.
Wer noch weiter den Mainbogen genießen möchte, kann das bis hinter die nach Offenbach führende Carl-Ulrich-Brücke machen, unter welcher der Leinpfad zur Offenbacher Rudergesellschaft Undine (da haben wir sie wieder, die Fechenheimer Toleranz) mit Gastronomie führt.
Für den Rückweg von dort geht man am besten zur Carl-Benz-Straße, dort nach links, bis man nach nur wenigen Metern zur Einmündung Dieburger Straße kommt. Dieser folgt man bis zur Starkenburger Straße und geht dann geradeaus weiter oder wartet auf den Bus Linie 551, der zum Mainkurkreisel zurück fährt.
Siehe weitere Beiträge:
Cassella – so schön kann Industrie sein
Versteckte Schönheiten – Fechenheim
Fechenheim – Kunst und Wohnen im Bunker