In der Ausstellung »Illusion Natur – digitale Welten« (bis 2.2.2020) zeigen uns 12 Künstlerinnen und Künstler scheinbar Natur. Tatsächlich sehen wir konstruierte Welten. Während viele Kunst mit Pinsel oder Meißel verbinden, werden hier Techniken verwandt, die es erst seit Aufkommen der Computertechnologie gibt und zunächst nur von einzelnen »Innovatoren« aufgegriffen wurden. Denken wir daran, dass 1971 der erste industriell gefertigte Microprozessor verfügbar war und zu einer bemerkenswerten Welle von »homecomputern« wie Atari, Commodore … führte. Mit dem IBM-PC (1981) wurden Computer auf breiter Front populär und Smartphones (2007) haben unseren Alltag voll im Griff.
In diesem Beitrag stelle ich kurz die Künstler vor, die ich auch bei der Eröffnung entdecken konnte. Weiter unten gibt es einen Überblick über viele der Kunstwerke. Den besten Eindruck vermitteln Führungen bzw. Angebote des Begleitprogramms.
Tamiko Thiel ist eine wahre Weltbürgerin. Die Amerikanerin mit japanischen Wurzeln lebt in München und hat laut ihrer DNA Verwandte auf der ganzen Welt. Sie spricht sehr gut deutsch mit erkennbar amerikanisch/bayerischem Klang. Mit dem Softwareentwickler Peter Graf hat sie die Kunstwelt »Unexpected Growth« erschaffen, die nur mit einem Smartphone oder besser noch mit einem Tablet zu sehen ist. Während die eingebaute Kamera die Umgebung auf dem Bildschirm zeigt, wird sie von einer künstlichen Unterwasserwelt überlagert. Bei näherem Hinsehen bemerkt man, dass es sich um Plastikteile handelt. Unter Fachleuten heißt so etwas Augmented Reality (erweiterte Realität).
Arno Beck macht digitale Kunst ohne Computer. Mit einer mechanischen Schreibmaschine »malt« er Bilder – Kombinationen aus Realem und Phantasieformen. Beispiele seiner Arbeiten sind in der Galerie unten und auf seiner Website zu sehen.
Miguel Chevalier, geboren 1959 in Mexiko, lebt seit 1985 in Paris und ist weltweit unterwegs; spricht so gut deutsch, wie ich französisch, nämlich kaum. Zwei Besucherinnen, Ingrid Heine und Monque Junghenn, haben für mich voller Begeisterung übersetzt. Er ist einer der Pioniere der Computer-Kunst. Vor 35 Jahren wurde er von seiner Umwelt als Sonderling behandelt; heute ist er ein internationaler Star der Szene. Auf seiner Website kann man die große Fülle seiner Werke sehen, z .B. die Lichtinstallation in der Kathedrale Notre-Dame de Rodez. Das Werk im Sinclair-Haus ist vergleichsweise klein aber trotzdem imposant. Man befindet sich in einer sich ständig verändernden Pflanzenwelt, die nur als Computer-Programm mit komplexen Algorithmen existiert.
Joanie Lemercier,1982 in Frankreich geboren, hier mit Juliette Bibasse (Digital-Künstlerin und Leiterin seines Studios). Seine Mutter war Lehrerin und hat ihn seit seinem 5. Lebensjahr mit der EDV vertraut gemacht. Seine ersten Kontakte hatte er mit einem Commodore-Amiga.
Sein Ausstellungswerk wird in den nächsten Wochen ständig wachsen. Täglich entsteht ein vom Plotter gezeichneter Teil einer von Algorithmen »erdachten« Gebirgslandschaft.
Laurent Mignonneau aus Südwestfrankreich. Er und seine Frau Christa Sommerer (aus Gmunden) ergänzen sich ideal. Sie hat vor ihrer künstlerischen Laufbahn Biologie und Botanik studiert.
Sie haben eine Professur an der Universität für Kunst und Design in Linz und hatten vorher Lehraufträge an namhaften Instituten in Japan und den USA. 1992 haben sich die beiden am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt kennengelernt und leben und arbeiten nun in Linz.
Bei ihrem Kunstwerk »Interactive Plant Growing« können die Besucher durch Berühren von echten Topfpflanzen das Wachstum der virtuellen Pflanzen auf der Leinwand anregen.